Um nachvollziehen zu können, ab wann der T2 gebaut wurde, musste ich auch ermitteln wann die offiziellen VW Werksferien im Sommer 1967 waren. Bei der Suche im Internet fand ich vielerlei Informationen – sogar einen (ganze 58 Seiten umfassenden) Geschäftsbericht der Volkswagen AG für das Jahr 1967. Darin wurde so ziemlich alles erwähnt – nur leider nicht, wann genau die Werksarbeiter damals Urlaub hatten.
Ein hilfreicher Hinweis kam dabei aus einem deutschen Forum, dort antwortete ein User, der aus der Wolfsburger Gegend stammt, wie folgt auf die Frage, wann denn so generell immer Werksferien gewesen seien:
„Die Werksferien von VW waren immer „eingebettet“ in die Schulferien von Niedersachsen und zwar meiner Erinnerung nach so etwa 1,5 Wochen nach Ferienbeginn. Für das Jahr 1972 sollte wohl gelten:
Schulferien Niedersachsen: Do., 20.07.1972 – Mi., 30.08.1972
VW Werksferien somit Mo., 31.07.1972 – Fr., 18.08.1972.
Freitags nach Schichtende stürzten sich die Meisten bereits ins Verkehrsgewühl – das Fahrzeug wurde meist schon vorher beladen.“
Frei nach der Theorie dieses Users, nach welcher die Werksarbeiter 19 Tage Urlaub hatten, versuchte ich seine Formel für das Jahr 1967 anzuwenden und kam zu folgendem Ergebnis:
Schulferien Niedersachsen: Mo., 03.07.1967 – Mo., 14.08.1967
VW Werksferien somit: Mo., 17.07.1967 – Fr., 04.08.1967
Diese abgewandelte Theorie meinerseits erscheint mir insofern als korrekt, als dass ich bisher keinen einzigen Bus (T1 oder T2) finden konnte, der in diesem Zeitraum gebaut wurde – oder zumindest für diesen Zeitraum geplant war.
(Falls jemand doch Informationen zu so einem Fahrzeug hat, würde ich mich dennoch freuen, davon zu erfahren!)
Die Fahrzeuge, die diesem Zeitraum am Nächsten kommen, sind:
ein T1 (2X7 148 256) mit dem geplanten Produktionsdatum 12.07.1967,
ein T2 (2X8 001 609) mit dem geplanten Produktionsdatum 14.07.1967,
und ein T2 (2X8 001 769) mit dem geplanten Produktionsdatum 07.08.1967.
Dies bestätigt eventuell meine Theorie, dass entweder wirklich Werksferien abgehalten wurden – ODER, was ebenfalls sehr wahrscheinlich ist, dass die Produktion gestoppt wurde, um die Infrastruktur der Fabrik für die Fertigung des T2 umzubauen. Damit meine ich, den Umbau der Montagelinien und diverser Maschinen, die zuvor noch für den T1 verwendet wurden. Denn, dass knapp 20.000 Mitarbeiter alle gleichzeitig auf Urlaub waren, wäre doch sehr unwahrscheinlich.
Urlaubssperre samt Werksumbau statt Werksferien?
Im IG T2 Forum stolperte ich über ein paar interessante Kommentare von Wolfgang. Er arbeitete bereits 1967 als Lehrling im Volkswagen Werk Hannover und gibt mit einigen Kommentaren Einblicke in die damalige Situation:
„Im Sommer 1967 war natürlich Ausnahmezustand. In jeder Hinsicht. Urlaubssperre, wo immer möglich, Überstunden, Sonderschichten. Das volle Programm.
Ich war damals noch Lehrling, ääh Azubi, und kenne natürlich nur wenige Hintergründe, doch über meinen Vater habe ich vieles mitbekommen. Lehrlinge durften ja nie in der Produktion arbeiten, sondern „nur“ in den Nebenbereichen, also Werkzeugbau, Vorrichtungsbau, Schnittbau und was es noch alles gab. Wir waren jedenfalls mächtig stolz drauf, mitmachen zu dürfen, ohne die historische Dimension wirklich zu begreifen. Und natürlich waren wir von dem neuen Bus begeistert. Keine O-Beine mehr, moderne Form, High-Tech-Fahrwerk. Es sollte ja auch der erfolgreichste Bus aller Zeiten werden.
Schon vor den Ferien war die Produktion der neuen Teile hochgefahren worden, damit ordentlich was im Lager lag. In den Ferien wurden dann die Montagelinien um- oder neu gebaut. Es war ja nicht nur ein schlichter Modellwechsel, sondern im Laufe der Jahre davor hatten sich auch in der Produktionstechnologie neue Erkenntnisse durchgesetzt. Ich glaube, damals kamen die ersten Roboterzellen im Rohbau ins Spiel (die Roboter hatte VW noch selber gebaut), die Fertigung musste flexibler und schneller werden (viel mehr Varianz als bisher), die Einzellinien wurden enger miteinander abgestimmt, damit die riesigen Puffermengen dazwischen kleiner wurden (damals wurden Rohkarosserien in großer Zahl von Hand auf speziellen Fahrgestellen aus der Linie ausgeschleust und durch das Werk geschoben, weil irgendwelche Nacharbeiten zu machen waren).
…
Es war also nicht nur ein Technologiesprung beim Fahrzeug, sondern vor allem auch in der Produktion und in der Steuerung. Insofern wundert es mich nicht, dass dabei Probleme auftraten. Die Jungs haben damals ja noch nicht alles im Vorfeld am Rechner simulieren können, sondern nur durch Versuch und Irrtum. Oder kluges Nachdenken.“
Angesprochen auf die Anlaufprobleme der T2-Produktion Ende 1967, welche in diesem Video thematisiert werden, gab Wolfgang Folgendes preis:
„Jau, ich geb’s ja zu: ich war damals mit dabei (und fühle mich schuldig). Allerdings kann ich mich an spezifische Probleme nicht mehr erinnern, so tief war ich auch nicht eingebunden. Doch wir hatten Urlaubssperre und jeder, der ’n Hammer richtig rum halten konnte, musste mit anpacken. Ich durfte einige Wochen lang im heißen Juli in der Gießerei im feuerfesten Anzug die Kokillen für die Zylinderköpfe umbauen. Ich hab’s gehasst, nicht nur wegen der Wärme, sondern auch, weil man am Abend aussah wie eine Sau. Darauf flogen die Mädels überhaupt nicht. Später durfte ich dann zu den Schnittwerkzeugen für die Karosserieteile, das war schon erfolgversprechender.
Ich nehme an, die im Film erwähnten Schwierigkeiten beziehen sich allgemein auf den damaligen Serienanlauf. Das war ja das erste Mal, dass VW eine Fabrik schon während der laufenden Produktion auf ein völlig neues Folgemodell umbauen musste. Bis dahin waren es immer neue Gebäude oder Erweiterungen oder begrenzte Modelländerungen, aber nie ein komplett neues Auto in den alten Hallen. Fast alle Anlagen hätten innerhalb des Werksurlaubes umgebaut werden müssen. Da das natürlich nicht gereicht hätte, ging es schon in den letzten T1-Monaten drunter und drüber.
Damals funktionierten die meisten Steuerungen noch mechanisch und mussten umständlich justiert und serientauglich gemacht werden. Heute wird das am Rechner programmiert und simuliert, dann braucht man „nur“ noch umschalten. Na gut, ganz so einfach ist es nun auch wieder nicht…
Ich hab’ erst viele Jahre später, als ich selber mit der Produktionsorganisation zu tun hatte, begriffen, was das für eine Riesenaufgabe damals für VW war. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wundert es mich, dass am Ende tatsächlich fahrbare Autos herausgekommen sind.
Und soooo schlecht waren die ja nicht, oder?“
Außerdem schickte er mir noch diesen ergänzenden Kommentar zur Arbeit während der Werksferien:
„ … Die Leute, die während der Werksferien gearbeitet haben, haben ihren Urlaub halt später genommen, dann waren die Urlaubsorte auch nicht mehr so voll. Außerdem gab es für Abend-, Nacht- und Wochenendarbeit mehr Geld, das war also durchaus lukrativ in den Werksferien.
Ich habe auch im Folgejahr in den Werksferien gearbeitet, auch da gab es wie jedes Jahr massive Umbauten. 1968 allerdings nicht mehr als Lehrling, sondern als fertiger Werkzeugmacher. Einstiegsstundenlohn 5,34 DM, also gut 2,50 Euro. VW hat damals überdurchschnittlich gut bezahlt. Trotzdem konnte ich die 100% Zuschlag am Wochenende recht gut gebrauchen. Ok, der einfachste Käfer kostete für Werksangehörige damals auch keine 2000 Euro. Die Zahlen muten heute an wie aus dem Mittelalter …“
Es gab also einige Anlaufschwierigkeiten, die sich bis zum Jahresende 1967 durchzogen und als Konsequenz die Einführung von Vorserien bei zukünftigen Modellen zur Folge hatten.
Ein Beispiel ist für diese anfänglichen Probleme im Werk, welche auch zu Verzögerungen in der Produktion führten, ist unter anderem auch der zweitälteste T2 von dem man aktuell weiß. Es ist ein Kastenwagen mit der Fahrgestellnummer 67. Laut M-Plakette weist dieser Transporter das geplante Produktionsdatum des 12.07.1967 auf. Doch ich wollte es genauer wissen und habe den Eigentümer kontaktiert, um das wesentlich verlässlichere Produktionsdatum laut VW Geburtsurkunde zu erfahren. Er bestätigte mir, dass sein Bus zwar für den 12.07. geplant war – aber die offizielle Geburtsurkunde bescheinigt den 17.08.1967 als den tatsächlichen Tag der Fertigstellung.
Natürlich muss man hier auch bedenken, dass zwischen diesen beiden Tagen auch die Werksferien, welche mit dem Umbau der Produktionslinien verbunden waren, stattgefunden haben.
Mehr zu diesen Verzögerungen in der Produktion, beschreibe ich auf einer anderen Unterseite: Produktionszahlen des VW T2 im Jahr 1967. Dort berichte ich auch von einer seltsamen Woche Anfang Oktober 1967 – für die sich bisher keinerlei geplante Produktionstage für den T2 finden lassen konnten.
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- Der älteste T2
- VW Werksferien – 1967: Urlaubssperren, Umbau der Montagelinien & Verzögerungen (aktuelle Seite)
- Sommer 1967: Das Ende des VW T1 – Produktionsstart für den VW T2
- Gesammelte Produktionszahlen des VW T2 für 1967
- T2 Register + Anzahl der 67er T2 Survivor