VW T1 Scheunenfund in Wien

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Ende September 2018 erhielt ich durch Zufall einen Tipp – und zwar einen solchen, dem ich sofort nachgehen wollte und musste. Mir wurde ein Foto zugeschickt auf dem eine rote VW T1 Pritsche zu sehen war, die gut versteckt auf einem unbewohnten Grundstück an der Wagramer Straße im 22. Bezirk Wiens lag. Angeblich waren diverse Räumungsarbeiten im Gange und ich befürchtete, dass der T1 womöglich auch verschrottet werden würde. Der Zustand des Fahrzeuges – soweit vom Foto ersichtlich – war zwar auf den ersten Blick sehr schlecht aber dennoch war ich begeistert, lag dieser „Scheunenfund“ doch keine 5 Minuten von uns entfernt. Also begab ich mich gleich nach der Arbeit an den Ort des Geschehens..

Ich konnte es nicht glauben… zig Male bin ich schon ein paar Hausnummern weiter beim Chinesen Essen gewesen, beim Wohnbau gegenüber wohnt eine Freundin.. wie oft ich bin ich daran wohl schon vorbei gefahren? Ob mit dem Auto oder der darüber fahrenden U1 (U-Bahn Station Rennbahnweg).. Generell handelt es sich bei dieser Straße um eine stark frequentierte Verkehrsader Wiens und es hat mich schon gewundert, dass dieses Fahrzeug so lange unentdeckt geblieben ist.

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Allerdings sah ich bald, dass man die Pritsche von der Hauptstraße aus kaum erkannte. Vom Tippgeber habe ich noch erzählt bekommen, dass das Grundstück bis vor kurzem brach gelegen ist und nun erst gerodet wurde. Als ich also dort war, standen nur noch ein paar kleinere Bäume beziehungsweise einige baufällige Hütten. Die Pritsche befand sich im hintersten Eck, vom Zaun an der Hauptstraße blickte ich genau auf das Heck und konnte erahnen, dass es sich dabei um die Pritsche von den Fotos handelte.

Rasch suchte ich nach anderen Möglichkeiten, um näher an den alten Volkswagen heranzukommen, ohne irgendwelche Grundstücke illegal zu betreten. Bald entdeckte ich eine Option und konnte die Pritsche nun auch von vorne sehen. Bevor es endgültig finster wurde, machte ich noch ein paar Fotos. Nachbarn waren leider auch keine anzutreffen, also ging es wieder heimwärts.

Bereits am nächsten Vormittag hatte ich Namen und Telefonnummer des Grundbesitzers ausfindig gemacht. Nach einem ersten Telefonat war klar, dass die VW T1 Pritsche schon sehr lange auf diesem Fleck im Norden Wiens stand. Der Vater des jetzigen Besitzers hatte die Pritsche in den 70er Jahren für Ersatzteile angeschafft und einfach abgestellt. Alles was mir der jetzige Besitzer sagen konnte, war dass es sich noch um eine 6V-Anlage handelte.  Somit war schon mal klar, dass das Baujahr vor August 1966 sein musste, denn im letzten Modelljahr (1967) verfügte der VW T1 Bus bereits über ein Bordnetz mit einer Spannung von 12 Volt. Leider hatte der Besitzer aber zu der Zeit keinen Zugang zum Garten, da der Schlüssel noch bei der Firma lag, die mit der Rodung beauftragt wurde.
Und so verblieben wir damit, dass ich es einfach demnächst wieder versuchen würde.

Einige Zeit des hin- und her-Telefonierens verging, ehe wir das Grundstück 3 Wochen später gemeinsam mit dem Besitzer besuchen durften. Es war ein Samstag Vormittag, der Besitzer machte mir klar dass er nur eine halbe Stunde Zeit hat. Trotz des knappen Zeitfensters,  der frühen Uhrzeit und der Tatsache, dass der Vorabend bei uns doch etwas länger ausfiel, ließen wir uns diese Möglichkeit nicht nehmen.
Wir erzählten von unserem Bus und unserer Vorgeschichte, ich machte mir ein Bild vom tatsächlichen Zustand der Pritsche, welcher doch ernüchternder als noch auf den ersten Fotos war, und hielt das ganze mit meiner Kamera fest.

Die Pritsche war rot lackiert, auf beiden Türen waren verblichene Logos, vielleicht auch Wappen zu sehen – eventuell ein ehemaliges Feuerwehrfahrzeug? Hinten auf der Ladefläche war neben den Resten eines Planengestells auch noch viel Spermüll vorhanden. Sämtliche Fensterscheiben waren nicht mehr da – uns wurde erklärt, dass Kinder und Jugendliche in den vergangen Jahrzehnten das leerstehende Grundstück immer wieder zum Spielen aufsuchten und so im Laufe der Jahre einiges am Bulli zerstörten. Die Tatsache, dass der T1 für so lange Zeit unüberdacht im Freien stand, machte es nicht besser. Nahezu an jeder Stelle lachte uns der Rost entgegen. Die Fahrerkabine an sich machte noch einen guten Eindruck, wenngleich mir durchaus bewusst war, dass sich diese bei einer Bergung sehr leicht vom Ladeaufbau trennen könnte. Ansonsten waren sowohl Lenkrad als auch Lenksäule noch vorhanden, Blinker und Scheinwerfer fehlten genauso wie das Frontemblem.

Außerdem konnte ich entdecken, dass der Motor noch vorhanden war. Die Ladefläche allerdings war klarerweise wieder in bescheidenem Zustand. Natürlich waren solche Fahrzeuge damals Arbeitstiere und wurden oft bis zum bitteren Ende genutzt, außerdem sammelt sich darauf leicht Wasser, das für’s Übrige sorgt.. Die Ladebordwänden sowie diverse Türen und Klappen der Pritsche hingen, falls überhaupt, auch nur noch lose dran, oder lehnten bereits seitlich an der Karosserie.

Sehr verwundert war ich bereits nach dem Foto-Tipp über das Baujahr – und so fragte ich nachträglich Günter um Rat. Die Blinker, Rückleuchten sowie diverse andere Details wie etwa Türgriffe und Heckfenster ließen auf das Baujahr 1963 schließen. Laut montierter M-Platte handelte es sich aber um ein Fahrzeug, welches 1960 gebaut wurde. Demnach wären aber sowohl die Rückleuchten als auch die Blinker an der Front falsch. Günter vermutete, dass Fahrzeuge damals allerlei vorrätige Ersatzteile erhalten haben, welche nicht unbedingt immer zum tatsächlichen Modelljahr gepasst haben und Blinker – auch, teilweise sehr täuschend in Detailarbeit – nachgerüstet wurden… Bis heute sind wir aber immer noch nicht schlauer und werden wohl eine „Geburtsurkunde“ abwarten müssen.

Bald neigte sich die kurze Zeit der Besichtigung dem Ende zu. Ich versicherte, dass wir sehr interessiert sind und das Fahrzeug für uns zu schade für den Schrott wäre – und selbst ein Ende als Teilespender für uns nicht in Frage käme. Dies hatte ganze einfach den Grund, dass das Fahrzeug womöglich sogar von „unserer“ Feuerwache Leopoldau kam. Eventuell hatte die Pritsche damals auch eine Verbindung zum Autofriedhof meines Grossvaters, wo wir auch das Fahrgestell eines frühen VW Bullis – Baujahr definitiv vor Mitte 1953 – fanden. Von diesem Autofriedhof wurden damals oft Ersatzteile oder ganze Ersatzteilträger verkauft. So machte ich ein vorsichtiges Angebot, mit den oben genannten Argumenten und dem Versprechen das Fahrzeug erhalten zu wollen. Der Besitzer schien schon ganz zufrieden, wollte aber noch nicht einschlagen. Aufgrund des Zeitdrucks einigten wir uns darauf, dass er sich nun verabschieden müsste, sich das Angebot durch den Kopf gehen lassen und sich aber bald wieder bei mir melden würde.

Natürlich war das nicht der Fall. Er hatte mir vom ersten Telefonat weg bereits erklärt, dass es noch mindestens 2 andere Interessenten gibt. Wenige Tage nach der Besichtigung kontaktierte ich ihn wieder und da war die Pritsche schon verkauft, nur um einen Bruchteil über meinem Angebot. Schade.

Aber wer weiß wofür es gut war. Schließlich wäre dieser Scheunenfund doch ein riesiges Projekt gewesen und hätte doch ein paar Jahre warten müssen bis es von uns die nötige Zuwendung erhalten hätte. So weiß ich aber nun, dass der VW Bus in gute Hände abgegeben wurde. Flo von DLV hat den Zuschlag erhalten und die Pritsche aus Wien bereits geborgen!

Eines hat diese Geschichte aber doch wieder gezeigt! Und zwar, dass da draußen, teilweise sogar ganz nah, immer noch jede Menge interessante Wracks, Scheunen- und Garagenfunde auf uns warten. Wenn ich also künftig wieder in Wien oder sonst wo unterwegs bin, werde ich noch wachsamer sein!

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